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Frau Schwarz-Feuring telefoniert. Im Hintergrund steht ein Bücherregal.

Das Arbeitsverhältnis ist ein kompliziertes Gebilde

Verträge, die zu einem Arbeitsverhältnis führen sollen, können mündlich und schriftlich geschlossen werden. Mündliche Verträge werden allerdings immer seltener, weil die Beweislage für die vereinbarten Regelungen schwierig ist. Auch der Gesetzgeber hat eine gewisse Verbindlichkeit geschaffen durch das sog. Nachweisgesetz. Dort sind die wichtigsten Angaben aufgeführt, die arbeitsvertragliche Sicherheit schaffen sollen.

Dennoch ist es sinnvoll, sich nicht nur vor dem Beginn eines Arbeitsverhältnisses über beabsichtigte vertragliche Regelungen zu informieren und eventuell Änderungen zu vereinbaren, sondern auch im Laufe eines Arbeitsverhältnisses in größeren oder kleineren Abständen in den Arbeitsvertrag zu schauen. Einige Vertragsklauseln bedürfen besonderer Beachtung. Ein wichtiger Vertragsbestandteil ist eine Ausschlussfrist. Wird sie nicht beachtet, obwohl die Formulierung den Anforderungen genügt, kann zum Beispiel der Verlust von Geld sehr schmerzlich ausfallen.

Lebenszeit gegen Geld – die Erwartungshaltung, am Ende des entsprechenden Abrechnungszeitraumes das zugesagte Entgelt zu bekommen, ist groß. Entgeldabrechnungen sind häufig nicht nachvollziehbar und zu verstehen. Dennoch sollte ihnen ungeteilte und rechtzeitige Aufmerksamkeit zuteilwerden.

Ein Fall aus meiner Praxis lässt aufhorchen: Die Arbeitgeberin behauptet, der Beschäftigte habe nachweislich einen neuen Hauptarbeitgeber und sie sei nunmehr Nebenarbeitgeberin. Die Ummeldung der Steuerklassen belege es zweifelsfrei. Somit lägen verschiedene Verstöße gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten vor. Daher führe man das Anhörungsverfahren vor. Die Drohung mit einer fristlosen Kündigung war offensichtlich. Der Vorwurf, der Beschäftigte habe ja nicht gemeckert, obwohl er zu wenig Geld überwiesen bekommen habe, sei ja Beweis genug für sein Fehlverhalten.

Durch Nachfrage des Beschäftigten beim Finanzamt stellte sich heraus, dass die Ummeldung der Steuerklassen von der Arbeitgeberin selbst veranlasst wurde. Sie musste den Fehler einräumen.

Tipp: jede Entgeltabrechnung zeitnah kontrollieren, bei Unklarheiten schriftlich Aufklärung fordern und eventuelle Nachzahlungen mit Fristsetzung verlangen.

Die Anwältin sitzt am Besprechungstisch. Darauf liegen Unterlagen. Sie berät einen Mandanten, der nur von hinten zu sehnen ist.

Wo sind momentan Ihre Arbeitsvertragsunterlagen?

Nicht erst seit der Coronakrise erinnern sich Beschäftigte, dass sie für zahlreiche Ereignisse vorsorgen sollten. Betreuungsvollmacht, Vorsorgevollmacht, Testament, Besprechungen mit Ärzten über den eigenen Willen und dessen Umsetzung in Krisensituationen sind nur einige Bereiche, die bearbeitet werden sollten, aber häufig verdrängt werden.

Viel näher und wichtiger erscheinen drohender Arbeitsplatzverlust, Kurzarbeit, Einkommensverluste und allgemeine Unsicherheit. Es kann daher sein, dass Arbeitsvertragsunterlagen und weitere Dokumente, die mit dem Arbeitsvertrag im Zusammenhang stehen, schnell zur Hand sein müssen.

Um solche Stresssituation zu vermeiden, können Sie einen Ordner oder mehrere bestimmen, in welchen Sie ihre Arbeitsvertragsunterlagen aufbewahren. Ein Register hilft dabei, Unterlagen zu sortieren.

In den Ordner gehören z. B. Arbeitsvertrag, eventuelle Nachträge, Stellenbeschreibungen, Unterlagen über Mitarbeitergespräche, Unterlagen über betriebliche Altersversorgung, Mitteilungen über Entgelte und eventuelle Erhöhungen, Beförderungen, Belehrungen über Betriebsübergänge, Wechsel von oder zu anderen Arbeitgebern, Zwischenzeugnisse, Schlusszeugnisse, Abmahnungen, Betriebsvereinbarungen, Entgeltabrechnungen, Anmeldung zur Sozialversicherung, Abmeldung zur Sozialversicherung, Lohnsteuernachweise, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, ärztliche Bescheinigungen über gesundheitliche Einschränkungen, Unterlagen über Rehabilitationsmaßnahmen oder Krankenhausaufenthalte, Berichte von Besuchen bei Betriebsärzten, Bescheide über Arbeitsunfälle, Anträge auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch, Bescheide dazu, Gleichstellungsunterlagen und Bescheide dazu.

Die Anwältin sitzt am Besprechungstisch. Darauf liegen Unterlagen. Sie berät einen Mandanten, der nur von hinten zu sehnen ist.

Corona und die Arbeitsgerichtsbarkeit

Die einen kritisieren den Stillstand der Justiz aufgrund Corona, speziell der Arbeitsgerichtsbarkeit, die anderen begrüßen sie. Der Stillstand, oder das, was damit verbunden ist, schafft Freiräume. Allem Anschein nach gibt es aber große Verunsicherung, wie es und wann es tatsächlich weitergeht. Die Gekündigten sorgen sich um den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses, möchten wissen, wie das Arbeitsgericht […]

Die Rechtsanwältin mit Jacket und Kette lächelt in die Kamera.

Neues Urteil des EuGH zum Jahresurlaubsanspruch

Der Anspruch auf Urlaub ist nicht nur im Laufe eines Urlaubsjahres, sondern auch am Ende eines Urlaubsjahres für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein wichtiger Gesichtspunkt. Grundsätzlich gilt für alle Fragen im Zusammenhang mit dem Urlaub das Bundesurlaubsgesetz. Aber auch in tariflichen, betrieblichen und einzelarbeitsvertraglichen Regelungen gibt es Hinweise, wie mit Urlaubsansprüchen zu verfahren ist. Die Regelungen im Zusammenhang mit dem Urlaub haben immer wieder die Rechtsprechung beschäftigt. Nun hat der europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Grundsatzurteil die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gestärkt.

Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erlischt nach der Entscheidung des europäischen Gerichtshofes nicht allein deshalb, weil ein Arbeitnehmer keinen Urlaub beantragt hat. So wurde es aber bisher in der deutschen Rechtsprechung gehandhabt. Die Luxemburger Richter haben insbesondere berücksichtigt, dass eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer im Verhältnis zum Arbeitgeber die schwächere Partei ist, was vielfach dazu führt, dass da kein Urlaub genommen wird. Das führte dazu, dass bisher der Urlaub in der Regel verfallen war. Das hat sich jetzt geändert. Es ist nicht mehr erforderlich, einen Urlaubsantrag zu stellen (man sollte es aber trotzdem machen). Vielmehr hat der Arbeitgeber, insbesondere im Rahmen seiner Personalplanung und Fürsorgepflicht darauf zu achten, dass seine Beschäftigten den Urlaub möglichst im Urlaubsjahr nehmen. Der Urlaub soll der Erholung dienen. Kann der Arbeitgeber jedoch beweisen, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer freiwillig auf den Urlaub verzichtet haben, verfällt der Urlaubsanspruch und wohl auch eine Ausgleichszahlung. Fazit: Planen Sie Ihren Urlaub und melden Sie ihn an. Damit sind sie in einer besseren Ausgangsposition für die Durchsetzung ihres Urlaubsanspruches.

Blumenwiese im Halbschatten.

Verhaltensbedingte Kündigung im Bereich Gefahrguttransport

Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt meistens voraus, dass das nicht akzeptierte Verhalten zuvor abgemahnt werden muss. Die Abmahnung muss ihrerseits den Anforderungen entsprechen, nämlich dem betroffenen Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin klar mitzuteilen, um welches konkrete Verhalten es geht und wann genau dieses stattgefunden haben soll. Zusätzlich muss Gelegenheit gegeben werden, dass Verhalten abzustellen.

Soweit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst bereits erkennen können, dass ihr Verhalten dem Arbeitgeber wohl kaum gefallen würde, kann es sein, dass eine Abmahnung entbehrlich ist. Es ist zu erwarten, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit Geld zu tun haben, besonders sorgfältig und korrekt arbeiten und abrechnen. Hier wird der berühmte „Griff in die Kasse“ als Beispiel gebracht, bei dem eine Abmahnung in der Regel nicht verlangt wird. Auch Tätlichkeiten im Betrieb bedürfen in der Regel keiner Abmahnung.

Ein LKW-Fahrer mit einer Berechtigung, Gefahrguttransporte durchführen zu können, wird angeblich zweimal mündlich abgemahnt, weil er sich weigerte, Güter zu transportieren. Außerdem wurde ihm Meuterei (!) vorgeworfen sowie Arbeitsverweigerung und nicht vorliegende Arbeitsunfähigkeit.

Die tatsächliche Weigerung des LKW-Fahrers, bestimmte Güte zu transportieren, hing damit zusammen, dass von ihm verlangt wurde, die Güter ohne ordnungsmäße Sicherung der Ladung zu transportieren. Für die Ladungssicherung gab es keine ausreichenden Vorrichtungen. Nachdem der LKW-Fahrer mehrfach verlangt hatte, diese gefährlichen Situationen abzustellen und auch darauf hingewiesen wurde, dass nicht ordnungsgemäß gesicherte Ladung verrutschen und zu schweren oder gar tödlichen Unfällen führen könne, wurden ihm gekündigt. Im Kündigungsschreiben wurde kein Kündigungsgrund angegeben (was auch nicht vorgeschrieben ist), dafür aber eine falsche Kündigungsfrist.

Beide Parteien wollten nicht mehr zusammenarbeiten. Die Vorwürfe konnten in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht aufrechterhalten werden. Die Abmahnungen blieben ebenso im Nebel wie die angebliche Meuterei oder die Arbeitsverweigerung, sodass eine Einigung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung vereinbart wurde. Damit war der Arbeitsgerichtsprozess beendet. Aber die Problematik der Transporte ohne ausreichende Ladungssicherung wurde damit nicht gelöst. Es bleibt nur zu hoffen, dass die LKW aus diesem Unternehmen immer unfallfrei von ihren Touren zurückkehren können.

Kündigung und Integrationsamt

Das Integrationsamt muss vor einer Kündigung eines schwerbehinderten Menschen oder gleichgestellten eingeschaltet werden. Das gilt für jeden Kündigungsgrund. Auf diesen Standpunkt hat sich das Arbeitsgericht Celle gestellt, das über mehrere fristlose Kündigungen eines schwerbehinderten Mitarbeiters zu entscheiden hatten.

Der Arbeitgeber, ein Theater, war in der Öffentlichkeit sehr bekannt und bot vielen Künstlerinnen und Künstlern Engagements. Die für den Betrieb des Theaters notwendige Technik war jedoch teilweise verbesserungsbedürftig. Dies stellte der Kläger fest, nachdem er seine Arbeit aufgenommen hatte. Die Aufträge zur Beseitigung der Mängel und der Unterweisung und Einweisungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden schließlich vergeben. Dennoch war die Theaterleitung mit den Ergebnissen nicht zufrieden. Sie kündigte dem Mitarbeiter nach Zustimmung der zuständigen Behörde und Anhörung des Betriebsrates dreimal fristlos. Die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses war nicht möglich wegen des Fünf-Jahres-Vertrages. Der Arbeitgeber kündigte dann noch zweimal fristlos. Der Arbeitgeber hatte aber nur einmal eine Zustimmung zur Kündigung durch das zuständige Integrationsamt erhalten.
In der Kammerverhandlung wurden alle Aspekte des Verfahrens erörtert und geprüft. Dann stellte das Arbeitsgericht klar, dass es die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unterstütze, welche besagt, dass für jede beabsichtigte Kündigung zuvor das Integrationsamt eingeschaltet werden muss. Das Arbeitsgericht erklärte zwei Kündigungen für nichtig, weil das Integrationsamt nicht zugestimmt hatte. Die dritte Kündigung wurde für unwirksam erklärt, weil für einen nachgeschobenen Kündigungsgrund zuvor die erforderliche Beteiligung des Integrationsamtes fehlte. Das Arbeitsgericht wies auf andere Stimmen in der Rechtsprechung und Kommentarliteratur hin, die eine nochmalige nachträgliche Beteiligung zu einem neuen Kündigungssachverhalt nicht für erforderlich halten, weil dies im Hinblick auf den Schutzgedanken des Arbeitnehmers nicht sinnvoll sei. Dieser Rechtsauffassung schloss sich das Arbeitsgericht nicht an, weil gerade der Rechtsstreit zeige, dass ein Nachschieben von Kündigungsgründen, die nicht Gegenstand des Zustimmungsverfahrens beim Integrationsamt waren, auf Grund des Schutzzweckes und der rechtlichen Konstruktion des Sonderkündigungsschutzes für Schwerbehinderte unzulässig sei. Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hatte in seinem Urteil vom 22.06.2006 – 1 Sa 96/06 – bereits zu dieser Problematik entschieden. Auch wenn der nachgeschobene Kündigungsgrund nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht, hat das Arbeitsgericht Celle sich auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 08.11.2007 (Az: 2 AZR 425/06) und 15.11.2012 (Az: 8 AZR 827/11) gestützt. In seiner Entscheidung von 2012 wies das BAG daraufhin, dass das Integrationsamt nur auf Grund der durch den antragstellenden Arbeitgeber dargestellten Gründe eine Entscheidung treffen kann.
Von Bedeutung war u.a. auch die Tatsache, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht die Möglichkeit gegeben hatte, zu den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts ist nicht rechtskräftig. Der Arbeitgeber hat inzwischen Berufung eingelegt.

Ein einzelnes Ahornblatt auf weissem Grund.

Krankheitsbedingte Kündigung erfordert ein vorheriges betriebliches Eingliederungsmanagement (beM)

Eine Mitarbeiterin war längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt. Die Arbeit, die nicht erledigt werden konnte, belastete alle Arbeitskolleginnen und Kollegen. Der Arbeitgeber wollte daher eine neue Arbeitskraft einstellen und kündigte krankheitsbedingt das Arbeitsverhältnis. Die Mitarbeiterin wollte klären lassen, ob die Kündigung zu Recht ausgesprochen wurde. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren wurde zunächst die Dauer der Arbeitsunfähigkeit erörtert und dabei festgestellt, dass die Erfordernisse eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX vorlagen. Der Arbeitgeber wußte angeblich nicht, dass eine solche Maßnahme erforderlich war, bevor eine krankheitsbedingte Kündigung ausgesprochen werden konnte. Der Arbeitgeber dachte angeblich, diese Vorschrift würde nur für behinderte Menschen gelten. Die Mitarbeiterin war nicht behindert, aber vor Ausspruch der Kündigung länger als sechs Wochen arbeitsunfähig. Der Arbeitgeber hätte also das beM durchführen müssen. Der Sinn des beM ist, dass möglichst geprüft und festgestellt wird, ob die Arbeitsunfähigkeit mit der Arbeit bzw. dem Arbeitsplatz zu tun hat. Da eine Kündigung immer nur das letzte Mittel ist, muss ein Arbeitgeber zuvor versuchen, eine Kündigung zu vermeiden. Das beM muss auch zeitnah vor der Kündigung durchgeführt werden, weil es sonst seinen Zweck nicht erfüllt. Das hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz schon am 16.12.2009 – 7 Sa 413/09 – entschieden.
Die Prüfung des Arbeitgebers, ob eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Arbeitssituation hervorgerufen wurde, ist oft schwierig durchzuführen. Allerdings gibt es die Möglichkeit, im Rahmen von betrieblichen Gefährdungsanalysen und -beurteilungen Erkenntnisse zu gewinnen. In den Betrieben, in denen Betriebsräte oder andere Interessenvertreter für die Beschäftigten vorhanden sind, können und sollten Vereinbarungen (z. B. Betriebsvereinbarungen) abgeschlossen werden, um derartige Untersuchungen durchzuführen. Fachkräfte für Arbeitssicherheit oder Betriebsärzte können ebenfalls herangezogen werden, um festzustellen, ob Arbeitsplätze krank machen. Schlechte Belüftung, keine Belüftung, Lärmbelästigung, mangelhafte Stühle, fehlerhafte Arbeitstische und viele Belastungen durch Arbeitsstress / Arbeitsverdichtung oder Schichtarbeit mit zu geringen Ruhezeiten führen häufig zu lang andauernden Erkrankungen mit Arbeitsunfähigkeit. Diese Zeiten stellen für den Arbeitgeber Kostenfaktoren dar, die er gerne vermeiden möchte. Eine krankheitsbedingte Kündigung ist aber dann nicht das Mittel der Wahl. Ohne beM keine krankheitsbedingte Kündigung? Dann gäbe es bald keine krankheitsbedingten Kündigungen mehr. Die Voraussetzungen für die Durchführung eines beM sind aber in jedem Fall zu beachten. Die erkrankte Mitarbeiterin war gut beraten und konnte, nachdem die Ursachen ihrer Arbeitsunfähigket (mangelhafte Stühle, falsche Arbeitstische) festgestellt und beseitigt waren, ihre Tätigkeit wieder aufnehmen.

Die Anwältin sitzt am Tisch mit einem Buch und lächelt.

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, das entgegen § 74 Abs. Abs. 2 HGB keine Karenzentschädigung enthält, ist kraft Gesetzes nichtig. Eine salvatorische Klausel ist nicht geeignet, diese Folge zu beseitigen oder zu heilen. So hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) ist seinem Leitsatz in der Entscheidung vom 22.03.2017 – Az: 10 AZR 448/15 – entschieden.

Damit hat das BAG seine bisherige Rechtsprechung bekräftigt. Eine Wettbewerbsklausel ohne Karenzentschädigung ist nach § 74 Abs. 2 HGB nichtig.

Eine Industriekauffrau hatte in ihrem Arbeitsvertrag eine Vereinbarung, welche ihr für die Dauer von 2 Jahren nach Beendigung des Vertrages untersagte, in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu sein, das mit der Arbeitgeberin in direktem oder indirektem Wettbewerb steht. Es gab noch für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafenabrede über 10.000 €. Eine Karenzentschädigung wurde nicht vereinbart. Die Industriekauffrau wollte die Karenzentschädigung in Höhe von jeweils 604,69 € zuzüglich Zinsen einklagen, war in zwei Instanzen auch erfolgreich. Das BAG wies die Klage jedoch ab, weil das Wettbewerbsverbot nichtig war. Ohne wirksame Vereinbarung keine Karenzentschädigung – das Ergebnis in Kurzform.

Es blieb noch die im Arbeitsvertrag enthaltene sogenannte salvatorische Klausel zu prüfen. Im Orientierungssatz des BAG heißt es aber: „Eine ersetzende salvatorische Klausel, die eine automatische Ersetzung der nichtigen vertraglichen Regelung vorsieht, führt nicht zur Wirksamkeit einer Wettbewerbsvereinbarung ohne zugesagte Karenzentschädigung. Die salvatorische Klausel beinhaltet nicht die erforderliche eindeutige Zusage einer Karenzentschädigung. Der Arbeitnehmer kann aus ihr weder bei Vertragsschluss noch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erkennen, ob er Anspruch auf eine Karenzentschädigung hat.“

Die Karenzentschädigung ist eine Gegenleistung für die Unterlassung von Konkurrenztätigkeit (so schon das BAG 07. Juli 2015 – 10 AZR 260/14, Randnummer 29). Ein Arbeitnehmer ist nämlich grundsätzlich frei, nach Beendigung seiner vertraglichen Tätigkeit zum bisherigen Arbeitgeber in Konkurrenz zu treten. Ein Arbeitgeber, der sich vor lästiger Konkurrenz schützen will, muss also verbindliche Zusagen machen, die zur Wirksamkeit des Wettbewerbsverbotes führen. Derartige Klauseln sollten regelmäßig kontrolliert werden, ob sie noch der jeweiligen Interessenlage entsprechen.

Die Anwältin sitzt am Tisch mit einem Buch und lächelt.

Urlaubsansprüche nicht verfallen lassen!

Das Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr. Vom 01. Januar eines Jahres an entstehen Urlaubsansprüche für das laufende Urlaubsjahr. Am 31.12. des Jahres sollten alle Urlaubstage genommen worden sein. So will es der Gesetzgeber und auch in manchem Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag finden sich diese Regelungen.

Die betriebliche Wirklichkeit sieht allerdings oft anders aus. Als Beispiel: Urlaubsansprüche im vergangenen Kalenderjahr wurden nicht genommen. Sie sollen übertragen werden. Die Übertragungszeiträume werden oft „vereinbart“. Somit entstehen Unsicherheiten, ob Vereinbarungen auch eingehalten werden. Urlaubstage können verfallen, wenn sie aus betrieblichen Gründen nicht genommen wurden oder auch wegen Krankheit nicht genommen werden konnten. Es gilt der Grundsatz: entweder krank oder gesund und arbeitsfähig. Nur wer gesund und arbeitsfähig ist, kann Urlaubstage verbrauchen. Krankheitszeiten sind der häufigste Grund, warum Urlaubstage verfallen können. Im Einzelfall muss stets geprüft werden, welche Grundsätze im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung dazu herangezogen werden können, den drohenden Verfall von Urlaubsansprüchen zu verhindern.

Auch die Tatsache, dass einige Arbeitgeber Arbeitsverhältnisse fristlos kündigen, führt dazu, dass der Verfall von Urlaubsansprüchen droht. In jedem Fall ist zu raten, die fristlose Kündigung innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüfen zu lassen und verbindliche Vereinbarungen über den Umgang mit dem Resturlaub zu vereinbaren. Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt.

Es bleibt auch derzeit dabei, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Urlaub im laufenden Kalenderjahr beantragen müssen. Sie haben die Initiative zu ergreifen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, den Urlaub zu gewähren ohne Antrag. Die Rechtsprechung, dass der Arbeitgeber von sich aus den Urlaub festlegen und gewähren muss, hat sich nicht durchgesetzt.

Urlaubsrecht ist immer wieder ein Grund, die Rechtsprechung zu fordern. Derzeit liegt die Frage der Urlaubsgewährung im Zusammenhang mit der Freistellungsphase bei Altersteilzeit zur Klärung beim Bundesarbeitsgericht (BAG). Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat am 15.11.2016 – 14 Sa 541/16 – dafür gesorgt, dass sich das BAG mit der Frage beschäftigen wird.

Die ungewöhnliche Frage, ob eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer Anspruch auf die Gewährung von Erholungsurlaub in Form von halben Tagen hat, ist dem BAG zur Entscheidung vorgelegt worden. Am 27.06.2017 – 9 AZR 120/16 – hat es entschieden, dass die Revision der Arbeitgeberin berechtigt war. Es ging um die Formalie, wie der Antrag (Leistungsantrag) bei Gericht formuliert wurde. Dieser Leistungsantrag genügte nicht den zivilprozessualen Bestimmtheitsanforderungen (Hinweis auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Daraus folgt, dass bei den Anträgen, die dem Gericht zur Entscheidung gestellt werden, besondere Sorgfalt erforderlich ist.

Für das kommende Urlaubsjahr 2018 werden besonders die beliebten Brückentage eine Herausforderung darstellen. Wer darf wann wie lange Urlaub nehmen, ob die Vergünstigungen in Anspruch zu nehmen? In Betrieben mit Betriebsräten können diese schon jetzt Betriebsvereinbarungen abschließen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne Betriebsrat haben es deutlich schwerer.

Rechtsanwältin Karin Schwarz-Feuring steht im Büro und arbeitet mit einem Tablet. Im Hintergrund sieht man Blumen.

Lohnt sich ein Arbeitsrechtsstreit?

Die Frage, ob sich ein Arbeitsrechtsstreit lohnt, ist nicht leicht zu beantworten. Auch nicht, wenn eine Kündigung oder eine Abmahnung ausgesprochen wurde.

Zunächst müssen alle Arbeitsverträge und ihre Nachträge und das Kündigungs- oder Abmahnungsschreiben geprüft werden.

Die immer wieder gestellte Frage, ob eine Abfindungszahlung durchgesetzt werden kann, bedarf einer genauen Prüfung. Entgeltabrechnungen dienen als Hinweis, ob eventuell eine Abfindung in Betracht käme. Abfindungszahlungen müssen in der Regel ausgehandelt werden, es sei denn, sie wurde in einem Sozialplan vereinbart, schon im Arbeitsvertrag selbst festgelegt oder vom Arbeitgeber angeboten. Wenn Abfindungszahlungen ausgehandelt werden müssen, wird häufig um jeden Cent gekämpft. Wenn eine Abfindung gezahlt wird, will der Zahlende etwas dafür haben, z. B. Verzicht auf bestimmte Leistungen.

Auch bei Abmahnungen ist genau zu prüfen, ob diese gerechtfertigt sein könnten oder nicht. In der Rechtsprechung wird immer mehr darauf abgestellt, für eine Abmahnung keinen Rechtsstreit mehr zu führen. Ist die Abmahnung zu Recht ausgesprochen worden, ist eine Beratung hilfreich. Es geht um weiteres Verhalten, damit keine neue Abmahnung ausgesprochen wird. Ist die Abmahnung zu Unrecht ausgesprochen worden, kann sie aus der Personalakte entfernt werden. Aus taktischen Überlegungen heraus ist das aber oft nicht sinnvoll. Es muss in jedem Einzelfall entschieden werden, welcher Weg zu beschreiten ist.

Die Kosten eines Rechtsstreites sind zu ermitteln und eventuell „gegen zu rechnen“, wenn keine Rechtsschutzversicherung die Anwaltskosten übernimmt. Die Rechtsanwaltskosten im Arbeitsrecht muss jede Partei in der ersten Instanz (also beim Arbeitsgericht) und auch außergerichtlich selbst tragen. Danach gilt das Prinzip der Kostenerstattung für die unterlegene Partei. Das ist eine gesetzliche Regelung. Die Basis anwaltlicher Tätigkeit für die Abrechnung ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und stammt vom 01.08.2013. Rechtsanwälte sind auch berechtigt, Vergütungsvereinbarungen abzuschließen. Rechtsschutzversicherer erstatten in der Regel nur die gesetzlichen Gebühren, Vergütungsvereinbarungen nur selten oder gar nicht.

Wer keine Rechtsschutzversicherung hat, nicht in der Gewerkschaft ist, aber die Kosten anwaltlicher Tätigkeit nicht aufbringen kann, kann gegebenenfalls entweder Beratungshilfe (beim zuständigen Amtsgericht) oder Prozesskostenhilfe (beim zuständigen Arbeitsgericht) erhalten. Die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse werden regelmäßig überprüft, da der Staat nur in Vorleistung tritt.

Es ist ratsam, zunächst telefonischen Kontakt mit der Fachanwältin für Arbeitsrecht aufzunehmen, um die nächsten Schritte zu besprechen. Ein schneller Beratungstermin ist im Arbeitsrecht unabdingbar. Kurze Fristen lassen wenig Zeit zum Überlegen.

Das Sich lohnen hat aber nicht nur finanzielle Aspekte, sondern dient auch der Klärung, ob der Kampf um den Arbeitsplatz wirklich gewollt ist. Ist die Kündigung zu Recht erfolgt? Wurde das Schreiben als Kündigung bezeichnet, gibt aber nur wieder, dass mein befristeter Arbeitsvertrag endet? Will ich überhaupt bei meinem jetzigen Arbeitgeber bleiben? Habe ich vielleicht schon eine neue Stelle? Kann ich mich besser weiterbilden?

Lassen Sie sich von uns beraten!!